Kampf um den Bären

JÜRGEN STREICHER

Wo die Berliner Straße in die Hohemarkstraße mündet: Der Denkmalschützer Michael Damm macht sich Sorgen um den „Berliner Meilenstein“ in Oberursel.

Der Berlinstein in Oberursel. Foto: Michael Schick

Er sollte die Verbundenheit mit dem geteilten Berlin symbolisieren: Wie in vielen anderen Städten in den „alten Bundesländern“ und entlang den Autobahnen wurde 1964 auch in Oberursel ein „Berliner Meilenstein“ aufgestellt. Im spitzen Winkel der kleinen Grünfläche gegenüber der Post, wo die Berliner Straße in die Hohemarkstraße mündet. An einem Platz also, wo ihn jeder sehen kann, der von Norden in die Stadt einfährt.
Nur wer von dort in die Stadt fährt, kann die Aufschrift auf dem etwa 120 mal 90 Zentimeter großen hellen Betonstein lesen. „Berlin 530 km“ steht da unter einem stilisierten putzigen Bär. So weit weg und doch so nah, die damals Noch-nicht-Hauptstadt. Zurzeit versperrt die Großbaustelle Hohemarkstraße die Sicht auf den Stein, die Bagger kommen ihm bei ihren Arbeiten gefährlich nahe.

So sieht das jedenfalls Michael Damm, dessen Vater Ernst Theodor Damm als Gründer des „Referats Berlin“ im Bund der Berliner und Freunde Berlins (BdBFB) maßgeblich an der Verbreitung der Bärensteine beteiligt war. Damm ist ein Kämpfer für deren Errichtung und Erhalt. Er hat nun an Bürgermeister Hans-Georg Brum (SPD) geschrieben und ihn „höflichst ersucht“, für den Schutz des „Kleindenkmals“ zu sorgen und seine Aufnahme in die Denkmalliste zu beantragen. „Nur so kann dem Verschwinden des Gedenksteins aus der Nachkriegszeit aus Unkenntnis historischer Zusammenhänge und der Bedeutung dieses Kilometersteins vorgebeugt werden“, schreibt Michael Damm. Bisher sei der Oberurseler Stein nirgends verzeichnet, auch nicht in der Dokumentation „Orte des Erinnerns“, in der zumindest einige Berliner Kilometersteine erwähnt seien.

Die Aufstellung und Enthüllung des „Berliner Meilensteins“ am 17. Juni 1964 war laut Ortspresse eine „eindrucksvolle Feierstunde“, bei der Stadtverordnetenvorsteher Friedrich Dahlhaus (SPD), der Berliner Stadtrat Rudolf Dümchen und Vertreter des „Ortskuratoriums Unteilbares Deutschland“ flammende Reden auf ein freies Berlin hielten. Unter dem Eindruck des Berlin-Auftritts von John F. Kennedy hatte das Stadparlament im Jahr zuvor einstimmig beschlossen, den Stein aufzustellen.



Brum: Der Stein bleibt

Seit dem Fall der Mauer, vollzogener Wiedervereinigung und Umzug des Regierungssitzes nach Berlin führen Berlin-Gedenksteine und Bären-Skulpturen ein Mauerblümchendasein, bedauert Michael Damm, der in Frankfurt mit seiner Initiative für die Wiederaufstellung eines alten Meilensteins am Ortsbeirat 1 gescheitert ist. Oberursels Bürgermeister Hans-Georg Brum (SPD) nimmt dessen Brief jedoch ernst.

„Wir wollen den Stein in einem schönen Umfeld erhalten“, versichert Brum unabhängig vom veränderten politischen Hintergrund. Schon seit vielen Jahren gibt es vor dem Bahnhof den „Platz des 17. Juni“, erst kürzlich wurde beschlossen, den neuen Bahnhofsvorplatz zum „Platz der Deutschen Einheit“ zu machen.

Auch beim Hessentag in Oberursel im Juni soll an die deutsche Geschichte erinnert werden. Kurz vor dem 50. Jahrestag des Mauerbaus in Berlin wird es dazu eine Ausstellung geben. Und passend am 17. Juni wird die Rockband „Scorpions“ in der Hessentag-Arena auftreten und vom „Wind of Change“ singen.

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Quelle: Frankfurter Rundschau

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