Zukunft ist ungewiss

Während der Verbleib der Binger Maus auf dem Mäuseturm schon seit Tagen die Gemüter der Bürger erhitzt, fristet ein anderer Vierbeiner ebenfalls unbemerkt ein einsames und frostiges Dasein: der Binger „Berliner Bär“. Zwischengelagert und verlassen hat ihn AZ-Leserin Ulla Kljaic auf dem städtischen Bauschuttgelände entdeckt. Stolz trotzt er dort dem rieselnden Schnee. Sein angestammtes Revier in den Rheinanlagen musste der „Berliner Bär“ verlassen. Dort hatte er bis zuletzt pflichtbewusst allen Passanten und Autofahrern die verbleibenden 597 Kilometer in die Hauptstadt Berlin angezeigt. Ob er dahin irgendwann wieder zurückkehren wird und wie bisher seinen Blick in Richtung Nord-Osten werfen darf, steht in den Sternen.

Der „Berliner Bär“ zeigt an, dass es noch 597 Kilometer bis zur Hauptstadt Berlin sind. Im Bauschutthof nutzt diese Information aber niemandem. Foto: privat

„Ich jogge täglich auf dem Fahrradweg zwischen Dietersheim und Gensingen an dem ‚Berliner Bären‘ im Bauschutthof vorbei und wundere mich, dass er immernoch hier ausharren muss“, sagt AZ-Leserin Ulla Kljaic. „Sicher wurde er hier vergessen. Ich möchte aber nicht, dass ihn das gleiche Schicksal ereilt, wie schon so vielen heimlichen Wahrzeichen, die irgendwann einmal abgebaut wurden und dann verschwunden sind.“ Daher wünscht Ulla Kljaic sich, dass sich die Menschen nicht nur für die Binger Maus einsetzen, sondern auch für den „Berliner Bären“. „Die Binger haben doch ein Herz für Tiere, dass zeigt doch auch die Suche nach der Binger Maus.“ Was mit dem Binger „Berliner Bären“ nun geschehen soll und ob die Rheinanlagen überhaupt noch eine artgerechte Haltung des gutmütigen Raubtieres ermöglichen, darüber gibt es bei der Stadtverwaltung noch keine Einigkeit. Ein wenig aus dem Sinn sei er geraten, gibt man dort auf AZ-Anfrage zu. Ob der „Berliner Bär“ Opfer der modernen Navigationsgeräte geworden ist, die die Kilometeranzeige bis zur Bundeshauptstadt übernehmen, oder ob in Zeiten von Eisbär „Knut“ die dunkleren Artgenossen einfach nicht mehr im Trend liegen, wer weiß das schon. Dabei hatte der „Berliner Bär“ doch eine weitaus tiefgründigere Bedeutung. War er doch ein Zeichen für die Solidarität zum einst isolierten und geteilten Berlin.

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Quelle: Verlagsgruppe Rhein-Main 2012

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